Um durch den Geburtskanal durchzukommen, muss sich der Babyschädel stark verändern. Während des Geburtsvorgangs verschieben sich die Schädelplatten ineinander. Der Schädelumfang wird dabei bis zu 2 cm kleiner, um sich nach der Geburt wieder zu entfalten. Die anfängliche Asymmetrie, die NUR aufgrund des Geburtsvorgangs entsteht, bildet sich in der Regel von allein zurück.

Manchmal bleibt eine Asymmetrie bestehen. Eine Vorstellung beim Kinderarzt oder einem osteopathisch arbeitenden Therapeuten, kann die Situation schnell klären. Für Eltern als Leihen ist es schwer zu beurteilen, ob es sich um eine Schädelasymmetrie handelt oder nicht.

Da es sich nicht nur um eine ästhetische Komponente handelt, ist es wichtig der Sache früh wie möglich nachzugehen.

Das Fachwort für sogenannten Plattkopf ist Plagiozephalie. In diesem Artikel möchte ich den wissenschaftlichen Stand, die Problematik und Behandlungsperspektive veranschaulichen.

Was ist Plagiozephalie?

Plagiozephalie ist eine allgemeine Bezeichnung für Schädelasymmetrie. Je nachdem, um welche Asymmetrie es sich handelt, unterscheidet man:

  • nichtsynostotische (lagebedingt) Plagiozephalie
  • synostotische Plagiozephalie (hierbei verschmilzt die Schädelnaht vorzeitig)

Eine Synostose ist eine Verschmelzung zweier Knochen, die vorher durch das Bindegewebe verbunden waren. Hierbei (Synostose) handelt es sich um ein unechtes Gelenk.

Plagiocephalie ist einer der häufigsten Gründe für einen Besuch bei einem osteopathisch arbeitenden Therapeuten.

Eine lagebedingte Schädelasymmetrie gehört zur nichtsynostotische Asymmetrie, die bereits im Mutterleib, während der Geburt oder danach entstehen kann. Bei dieser Verformung sieht der Schädel wie eine Raute aus.

Eine synostotische Schädelasymmetrie zeichnet sich durch eine von innen heraus, kraniale (zum Kopf gehörend) Fehlbildung. Dabei kommt es zu einem vorzeitiger Nahtverschluss/Verschmelzung. Dieser Vorgang kann das Schädelwachstum beeinflussen und zur Asymmetrie führen.

Einige Babys haben keine Plagiozephalie (Schädelasymmetrie), sondern »lediglich« eine Vorzugshaltung.

Was ist der Unterschied zwischen Schädelasymmetrie und Vorzugshaltung?

Eine Schädelasymmetrie ist eine Abweichung der Schädelform von der Norm. Eine Vorzugshaltung ist eine asymmetrische Haltung mit deutlicher Orientierung zu einer Seite, die über 3/4 der Beobachtungszeit besteht. Hierbei ist die passive und aktive Kopfdrehung eingeschränkt und kann aktiv vom Neugeborenen nicht gehalten werden.

Schädelasymmetrien und Vorzugshaltung können einander verstärken oder aber auch bedingen.

Bei einer reinen Vorzugshaltung ist der Schädel symmetrisch, anders als bei einer Kraniosynostose.

Was ist Kraniosynostose?

Eine Kraniosynostose ist eine Wachstumsstörung. Hierbei kommt es zu einem vorzeitigen Verschluss/Verschmelzung einer oder mehrere Schädelnähte. Die Gesamtinzidenz von Kraniosynostosen beträgt 1:2000 Kindern.

Die einfachen Kraniosynostosen mit vorzeitigem Verschluss einer Naht werden mit ca. 90 %, und komplexe Kraniosynostosen mit vorzeitigem Verschluss mehrerer Nähte 90 % eingegeben.

Kann ich als Leihe unterscheiden, ob es sich um eine lagebedingte Plagiozephalie oder eine Kraniosynostose handelt?

Nein, das kannst du nicht wissen. Es ist notwendig eine Fachperson (Kinderarzt oder Heilpraktiker, der in der Kinderosteopathie gut ausgebildet ist und mit Neugeborenen tagtäglich arbeitet) aufzusuchen. Nur so kann die richtige Diagnose gestellt und ein individueller Behandlungsplan erstellt wird.

Hier ist eine kleine Übersicht der verschiedenen Asymmetrien, die jeder Therapeut kennen sollte.

Normaler Schädel

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Bild: Alexandra Marjanovic

Anteriore Plagiozephalie–unilaterale (einseitige) Verschmelzung der Sutura Coronalis

Praxis für Osteopathie für Osteopathie_München_Alexandra_Marjanovic Plattkopf
Bild: Alexandra Marjanovic

Bei einseitiger Synostose der Sutura Coronalis (Kranznaht) verschmilzt nur eine Hälfte der Naht, wobei eine Stirnseite flach und eine Augenhöhle mandelförmig wirkt.

Scaphocephalus–Verschmelzung der Sutura Saggitalis

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Bild: Alexandra Marjanovic

Bei Scaphocephalus verschmilzt die Sutura Saggitalis (Saggitalnaht) und ist die häufigste Form der Synostose. Hierbei sieht der Schädel wie ein Boot aus – länger als breiter und die Stirn ist sehr markant.

Brachycephalus

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Bild: Alexandra Marjanovic

Bei einem Brachiocephalus verschmelzen beide Seiten der Sutura Coronalis (Kranznaht). Der Schädel wirkt kurz und breit.

Trigonocephalus

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Bild: Alexandra Marjanovic

Bei Trigonocephalus sieht der Schädel wie ein Dreieck aus, die Stirn ist sehr schmal und die Augen liegen eng beieinander. Hierbei verschmilzt die Sutura Metopica (Stirnnaht).

Lagebedingte Plagiocephalie

München Praxis für Osteopathie Alexandra_Marjanovic Plattkopf
Bild: Alexandra Marjanovic

Die Zunahme der lagebedingte Plagiocephalie wird seit der Empfehlung (1992), die Babys auf dem Rücken zu lagern, beobachtet. Prä–, peri– und postnatale Risikofaktoren spielen eine große Rolle bei der Entstehung lagebedingter Schädelverformungen. Der Kopf sieht wie eine Raute aus. Bei einer lagebedingter Plagiocephalie flacht der Hinterkopf zuerst ab. Als Nächstes verschiebt sich das Ohr nach vorn. Eine Gesichtsasymmetrie ist keine Ausnahme.

*Pränatal: Vorgeburtlich

*Perinatal: um die Geburt herum

*Postnatal: nach der Geburt

Posteriore Plagiocephalie–unilaterale (einseitige) Verschmelzung der Sutura Lambdoidea

München Praxis für Osteopathie Alexandra Marjanovic Plattkopf
Bild: Alexandra Marjanovic

Wenn ein Teil der Sutura Lambdoidea (Lambda-Naht) verschmilzt, sieht der Kopf auf einer Seite flach. Es ist eine seltene Art der Kraniosynostose. Die posteriore Plagiozephalie muss von der lagebedingte Plagiozephalie unterschieden werden.

Was ist die Ursache für eine Plagiozephalie (Schädelasymmetrie)?

Die häufigste Ursache für einen asymmetrischen Schädel ist die Lage im Mutterleib, exzessive Rückenlagerung, Torticollis (Schiefhals), Einblutung in den M. Sternocleidomastoideus (großer Kopfwender–gehört zur Halsmuskulatur) oder eine vorzeitige Verknöcherung der Schädelnaht.

Mögliche Problematik, die bei Schädelasymmetrie entstehen kann.

Diskutier werden verschiedene Folgeerscheinungen wie idiopathische (ohne erkennbare Ursache) Skoliose (Verkrümmung der Wirbelsäule), Hüftdysplasie, muskulärer Schiefhals, okulo-muskuläre Dysbalance, Kiefer– und Zahnfehlstellungen. Möglicherweise kann eine Dysbalance im Bereich der Halswirbelsäule zur Unruhe des Babys führen.

Im späteren Alter würden Probleme beim Lernen, Aufmerksamkeit und Wahrnehmung im Schulalter

beobachtet.

Kleine Übersicht der möglichen Auswirkungen

Bei Säuglingen

  • Saug–, Trink– und Schluckstörungen
  • Schreibabys und unruhige Kinder
  • Einseitig bevorzugte Körperhaltung und eine eventuelle Nackenmuskel -Verspannung

Bei Kindern:

  • Motorische Entwicklungsverzögerung
  • Störung in der Feinmotorik
  • Skoliose–Entwicklung
  • Kiefer– und Kiefergelenkstörungen

Bei Jugendlichen und Erwachsenen:

  • Rezidivierende oder chronische Kopfschmerzen
  • Wirbelsäulenproblematik
  • Kiefergelenkdysfunktionen

Was können Eltern bei einer Plagiozephalie tun?

Tragetuch

Tragetuch kann als Prävention gesehen werden. Durch die Aufrichtung des Babys wird der Schädel entlastet.

Lagerung

Die Lagerungstherapie ist eine einfache Möglichkeit, die eigentliche Behandlung zu unterstützen. Hierfür sollten Eltern geschult werden.

Physiotherapie

Im Vordergrund steht die Schulung der Kopf– und Rumpfkontrolle. Die Eltern werden in die Therapie aktiv einbezogen. Sie lernen, wie sie das Baby am besten hochheben, wickeln, aus– und anziehen. Die Übungen, die manchmal vom Therapeuten mitgegeben werden, sollten täglich ausgeführt werden.

Osteopathie

Die Osteopathie hat einen ganzheitlichen Ansatz und betrachtet den menschlichen Körper als eine dynamische Einheit. Ziel der Behandlung ist nicht nur Dysfunktionen zu lösen, sondern auch den Körper zu unterstützen, sich selbst zu regeln und optimieren. Die jüngste Studie (Gasperini et al. 2021) zeigt, dass die osteopathische Manipulationstherapie eine gute Option und Erweiterung der Standardbehandlung in der Behandlung der lagerbedingte Plagiozephalie bei Neugeborenen darstellt.

Wann soll gehandelt werden?

Nach der Geburt hat ein Neugeborenenschädel 27 Knochen. Dazwischen befinden sich sechs Fontanellen, die sich nacheinander, spätestens im Laufe der ersten zwei Jahren, verschließen. Das schnelle Schädelwachstum ist mit ca. 5 Jahren beendet.

Bei der Therapie einer lagerungsbedingten Schädeldeformität ist eine frühmögliche und Stadium–gerechte Intervention wichtig, vorwiegend für die durch die Geburt hervorgerufene Schädeldeformierung oder die Deformierungen, die sich in den ersten Monaten trotz der klassischen Behandlung verschlimmern.

Fazit: Abwarten oder frühzeitig Handeln?

Aus meiner 22– jährigen Praxiserfahrung kann ich folgendes sagen: Je früher die richtige Diagnose gestellt und mit Behandlung angefangen wird, desto besser kann der Gesamtzustand optimiert werden. .

Ich möchte alle Eltern ermutigen, die über die Schädelform des Babys beunruhigt oder unsicher sind, einen Therapeuten zurate zu ziehen. Ob das der Kinderarzt oder ein osteopathisch arbeitender Therapeut ist (oder beide), spielt es keine Rolle.

Wichtig ist, dass wenn du einen osteopathisch arbeitenden Therapeuten zurate ziehst, dieser auch auf Neugeborene/Säuglinge spezialisiert ist. Es ist wichtig, zu erkennen, um was für eine Asymmetrie es sich handelt. Nicht alle Asymmetrien sind lagebedingt, sodass die Behandlung auch unterschiedlich ausfällt. Oft ist eine interdisziplinäre Arbeit zwischen verschiedenen Therapeuten (Arzt, Physiotherapeut, osteopathisch arbeitender Heilpraktiker) notwendig.

❤️-lichts

Alexandra


Literatur:

Heike Steglich, (2016): Schädelasymmetrie und Vorzugshaltung im korrigierten Alter von drei Monaten, (Dissertation, Dr. med.) (Web)

Avvikende hodeform inkludiert kraniosynostose (Web)

What is Craniosynostosis (Web)

Lagerungsbedingten

Schädeldeformitäten (Ärtzeblatt) (Web)

Abschlussbericht über eine der weltweiten größten Studien zur osteopathischen Behandlung von Säuglingen im ersten Jahr

Gasperini et al, (2021): Effects of osteopathic approach in infants with deformational plagiocephaly: an outcome research study

Anne Mohr-Bartsch, Caroline Widmann, ML Verlag (2021), Lehrbuch Craniosacrale Trauma-Therapie bei Säuglingen und Kindern, 1. Auflage, Kulmbach

Claudine Amiel-Tison, Evelyne Soyez-Papiernik, (2009): Die Rolle der Osteopathie in der Korrektur von Schädeldeformierungen bei Neugeborenen und Kleinstkindern

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